Sa., 8. Oktober 2022, 4. Reisetag / 81 Tageskilometer mit Womo / Rügen, Prora, Campingplatz Prora
Nachdem das Womo nun drei Tage am selben Fleck stand, nämlich auf dem Campingplatz in Prora, wollen wir es heute mal Richtung Norden, zum Kap Arkona, bewegen und abends dann wieder am gebuchten Platz hier auflaufen. Das sind nur circa 40 km eine Strecke, aber mit dem Fahrrad ist es uns jetzt im Herbst, wo es schon so früh dunkel wird, doch zu weit, wenn man ja auch noch Zeit am Zielort selbst, also am Kap, verbringen will.
Kap Arkona ist quasi die nördlichste Spitze Rügens und damit auch der ehemaligen DDR. Wenn wir schon mal auf der größten deutschen Insel sind, dann müssen wir auch was von ihr sehen...
Morgens um neun Uhr ist es leicht bewölkt bis sonnig, um die 11° Celsius herum und, natürlich, windig.
Nach dem Frühstück machen wir das Womo fahrbereit - soll heißen: alles, was zwischenzeitlich aus den Schränken auf irgendwelche Ablagen gewandert ist (und das ist eine Menge), wird wackel- und "scheppersicher" wieder verstaut und um zwanzig nach elf geht's Richtung Norden. Große Teile führen wieder durch den Wald und wir staunen erneut, welch großen Baumbestand die Insel hat.
Mittlerweile sind's 14° Celsius und es hat sich bewölkt, gutes Fahrwetter, aber nicht so gutes "Aussichtswetter". Mal schauen...
Punkt zwölf Uhr legen wir in Altenkirchen einen Shopping-Zwischenstopp ein, und während wir durch die Geschäfte tingeln, muss es mindestens einmal kräftig geregnet haben, denn Autos und Straßen sind ziemlich nass. Haben wir "im Eifer des Gefechts" gar nicht mitbekommen...
Gut, dass wir nicht jetzt schon am Kap waren. Viele Unterschlupfgelegenheiten gegen Regen hätte es da nicht gegeben.
Ankunft in Putgarten - der letzten Ortschaft vor Kap Arkona auf Rügen
Erst Viertel nach drei fahren wir weiter und kommen nur fünf Minuten später am letzten (Groß-)Parkplatz vor Kap Arkona an. Das ist auch gleichzeitig ein Wohnmobilstellplatz (allerdings ohne irgendwelchen Komfort). 15 € Parkgebühren für Womos sind fällig, und dabei ist es völlig egal, ob man nur parken oder auch gleich übernachten will - der Preis ist der gleiche.
Viel los ist hier nicht. Nur vereinzelt stehen ein paar Autos und noch weniger Wohnmobile herum. Aber es gibt eine kleine Touristen-Bimmelbahn, wie man sie auch von Kurorten kennt, die einen über die Straßen des Ortes zu den gewünschten Sehenswürdigkeiten bringt. Wir allerdings vertrauen auf unsere Füße und wollen die knapp drei Kilometer bis zum Kap per pedes zurücklegen (außerdem ist die Bimmelbahn knapp vor unserer Ankunft gerade abgefahren und die nächste lässt auf sich warten...).
Um kurz nach halb vier marschieren wir los. Der Weg zum Kap führt uns durch den kleinen Ort, der sehr beschaulich und ruhig im Sonnenlicht liegt. Ja richtig: die Sonne hat sich mit Hilfe des starken Windes durchgesetzt und beschert uns jetzt wiederum großartiges, windiges Aussichtswetter. Es sind zwar nur circa 12° Celsius, aber durch den Fußmarsch in der Sonne wird es doch gefühlt recht warm. Sehr schön!
Kleine Eindrücke der nördlichst gelegenen Ortschaft von Rügen, Putgarten: Irgendwie ist hier auch ein Großbritannienfan "hängengeblieben"...
Ungefähr nach zweidrittel des Fußmarsches zwischen Parkplatz und Leuchtturm wird man mittels Schild auf einen "Fotopoint" hingewiesen, den wir natürlich auskosten müssen. Wären wir mit der kleinen "Ausflugs-Bimmelbahn" gefahren, hätten wir hier natürlich nicht angehalten. Da ist es doch mal wieder gut, dass man "aus eigener Kraft" und unabhängig unterwegs ist.
Gleich drei Türme am "letzten Ende" von Rügen zeigen die Bedeutung von Kap Arkona für die Schifffahrt - zumindest früher
Von hier aus hat man wirklich einen ganz schönen Blick auf alle drei Türme, die früher - und im Falle des "Neuen Leuchtturms" auch heute noch - am Kap eine wichtige Rolle spiel(t)en:
Der kleine, gedrungene Schinkelturm links im Bild unten ist aus den Jahren 1826/27 und bis zur Leuchtfeuerspitze nur etwa 23 m hoch. Der Schinkelturm ist der zweitälteste Leuchtturm an der Ostseeküste (nach dem Travemünder Leuchtfeuer). Heute ist er als Signalgeber nicht mehr aktiv, sondern ist Aussichts- und Ausstellungsturm. Außerdem dient er als das nördlichste Standesamt Rügens mit durchschnittlich bis zu 300 Hochzeiten im Jahr.
Der Neue Leuchtturm ist gar nicht mehr so neu, er stammt nämlich aus den Jahren 1901/02 und wurde 1905 in Betrieb genommen. Gleichzeitig wurde der Schinkelturm außer Betrieb gesetzt. Mit 35 m Höhe ist er doch deutlich höher als sein nebenstehender "kleiner Bruder" und seine Aussichtsplattform befindet sich in etwa 28 m Höhe. Dieser Turm ist auch heute noch in Betrieb: Dreimal wurde die Beleuchtung bisher ausgetauscht und der neuesten Technik angepasst. Alle 17,1 Sekunden (warum ist eigentlich die Zehntelsekunde dabei wichtig?!) sendet das elektrische Blitzfeuer einer Halogenlampe drei Blitze aus und ist 24 Seemeilen sichtbar. Diese Signale werden wir auch am Abend in der hereinbrechenden Dämmerung sehen können, denn so lange halten wir uns hier in der Umgebung des Kaps auf.
Und dann gibt es - weiter rechts von unserer Position aus gesehen - noch den Marine-Peilturm.
Er ist circa 27 m hoch, stammt aus dem Jahr 1927 und diente als Seefunkfeuer. Durch die Funkwellen sollte die Navigation der Schiffe verbessert werden. 1945 wurden die technischen Einrichtungen des Turmes allerdings zerstört.
Der Turm selbst wurde 1990 saniert und ist heute für Besucher zugänglich. Als wir jedoch dort ankommen, gegen Viertel nach vier, ist das Gebäude entgegen seiner Ankündigungen auf einem Schild leider geschlossen. Das sollte unsere erste Turmbesteigung heute sein. Dann hoffen wir mal, dass zumindest einer der anderen Türme noch geöffnet ist.
Peilturm zu, Gaststätte zu. Dafür Ruhe und Muße - Fluch und Segen der Nachsaison, aber auch des zugegebenermaßen recht späten Zeitpunkts unseres Besuch am Kap. Da war die vorige Shoppingtour vielleicht doch etwas zu lang geraten... Dafür scheint jetzt aber die Sonne, vorhin hat's geregnet. Machen wir das Beste draus!
Wenn der Peilturm schon zu hat, so wollen wir dann wenigstens nach unten zum Wasser und wenden uns der Königstreppe zu, die einen Abstieg zum Meer verspricht. Doch bei Ankunft: aus Sicherheitsgründen gesperrt... Hhmm... "Bitte nutzen Sie die Veilchentreppe!"
Na ja, mal schauen, die ist ja 500 m entfernt und liegt in Richtung Parkplatz, wenn man den Küstenweg entlanggehen will. Das machen wir dann später.
Jetzt wollen wir unser Glück erstmal beim Aufstieg auf den "Neuen Leuchtturm" probieren. Und das endlich klappt: der Turm hat noch bis fünf Uhr am Nachmittag geöffnet. Es ist es kurz vor halb fünf. Das passt!
Für sehr moderate 3 € pro Person (aber es gibt ja auch keinen Lift, wie ein Schild gleich unten neben der Kasse deutlich macht 😅) erklimmen wir die 164 Stufen, die sich in engen Windungen nach oben schrauben. Netterweise ist jede einzelne Stufe durchnummeriert - psychologisch sehr geschickt, wenn man sieht, wie die Zahlen mit steigender Höhe immer kleiner werden...
In diesem Fall ist es wiederum sehr schön, dass hier nicht mehr allzu viel Betrieb ist: wir haben beim Aufstieg keinen "Gegenverkehr", kein Gedränge in dem engen "Schlauch" des Treppenhauses.
Nach wenigen Minuten sind wir oben und werden fast weggeblasen. Schnell mal auf die windgeschützte Seite des Turms und sich erst allmählich wieder in den Wind stellen.
Die Aussicht ist wieder echt klasse! Grandios! Was haben wir erneut für ein Glück mit dem Wetter! Eine so schöne, klare Fernsicht wie gestern auf dem Baumwipfelpfad! Wunderbar!
Wieder unten entscheiden wir uns dafür, den Hochuferweg bis zur Veilchentreppe entlangzugehen (und nicht die Landstraße zurück, über die wir gekommen sind). Das ist sicherlich der schönere Weg und wir sehen die Küste sowohl von oben als auch vom Wasser aus. Gesagt - getan.
Nachdem wir die vielen Hinweisschilder auf im Gebüsch versteckte giftige Höllenottern, riesigen giftigen Bärenklau, rastende Robben und abbrechende Felskanten zur Kenntnis genommen haben, "wagen" wir den Abstieg die Veilchentreppe hinunter zum Meer und werden mit einem tollen Anblick des Kaps im letzten Sonnenlicht belohnt.
Ganz alleine sind wir hier, niemand stört Fotomotive oder Tiere - außer vielleicht wir selbst.
Rügen - wo die Möwen Namen tragen... 😂
Wir schlendern immer an der Wasserlinie entlang Richtung Süden zum kleinen Fischerdörfchen Vitt und begegnen auf dem Weg dahin keiner Menschenseele.
Nach circa anderthalb Kilometer am Wasser entlang erreichen wir in der Dämmerung das kleine Fischerdörfchen Vitt. Auch hier ist es wie ausgestorben: keine Fischräucherei, kein Café hat mehr geöffnet. Es ist jetzt kurz vor sechs Uhr am Abend.
Vitt ist ein sehr idyllischer, kleiner Fischerort, wie wir sehen, als wir über kleine Schotterwege und zwischen reetgedeckten Häusern wieder Richtung Land gehen. Wer Ruhe sucht - hier findet er sie! Bestimmt auch noch in der Hochsaison!
Auf dem Weg Richtung Putgarten komme wir auch an der kleinen Inselkapelle vorbei. Sie ist sogar offen, es ist jetzt genau sechs Uhr und die kleine Glocke im Glockenstuhl, die von außen zu sehen ist, bimmelt wie verrückt. Irgendwie schön! So im Licht der untergehenden Sonne...
Die letzte Wegstrecke frei über die Felder und Wiesen der Insel zieht sich jetzt doch ein wenig. Es wird mit untergehender Sonne zunehmend kälter, was durch den immer noch starken Wind verstärkt wird.
Ein tolles Abendessen im Hotel und Restaurant "Zum Kap Arkona"
Gegen halb sieben kommen wir in Putgarten an und entdecken praktisch schon im Dunkeln ein gemütliches kleines Hotel, was auch geöffnet hat - keine Selbstverständlichkeit in der Nachsaison am äußersten Zipfel der Insel gegen Abend.
Da wir nun ganz schön Hunger schieben, immerhin sind wir seit elf Uhr unterwegs und haben seit dem Frühstück eigentlich noch gar nichts Richtiges gegessen, kehren wir hier spontan ein. Gute Entscheidung! Wir bekommen noch einen Tisch, die Bewirtung und das Essen - zwei schöne Fischplatten - sind vorzüglich.
Nach einem netten Gespräch mit der Kellnerin werden wir nach dem Essen eingeladen, uns den schönen Schwimmteich hinter dem Hotel anzuschauen. Es ist zwar schon stockdunkel, aber der Weg in den Garten und der Teich selbst sind beleuchtet, außerdem ist Vollmond. Sehr schön ist es hier! Aber nichts für Leute, die "die Nacht zum Tag" machen wollen...
Der Schwimmteich hinter dem Hotel, in dem wir gegessen haben, bei Vollmond
Um Viertel vor acht sind wir nach einem letzten kleinen 1 km-Marsch vom Hotel zum Parkplatz wieder am Womo. Knapp neun Kilometer sind wir heute Nachmittag insgesamt noch rund ums Kap Arkona gelaufen. Bei jetzt noch knapp 10° Celsius und dem beständigen Wind haben wir für heute genug frische Luft geschnuppert.
Jetzt liegt noch eine dreiviertelstündige Rückfahrt nach Prora zurück zum Campingplatz vor uns. Auf kleinen Straßen in völliger Dunkelheit zum großen Teil durch Wald bei Vollmond hoffen wir mal, dass uns kein Wild vor die Lichter kommt, wie die nette Bedienung im Hotel schon gemutmaßt hat. "Bei Vollmond sind die Viecher ja immer ganz irre."
Ist aber alles gut gelaufen und um ziemlich genau halb neun abends stehen wir wieder auf unserer Parzelle des Campingplatzes. Schöner Tagesausflug war's!