Mme Tussauds, Sightseeing und Anne Frank-Haus am Abend

Fr., 18. Oktober 2019, 2. Reisetag / Null Tageskilometer mit Womo / Gaasper Camping Amsterdam

Imposantes Gebäude der Centraal Station, Hauptbahnhof
Imposantes Gebäude der Centraal Station, Hauptbahnhof

Schon vor der Fahrt nach Amsterdam, nach Empfehlungen aus dem Bekanntenkreis und mit entsprechendem Reiseführer halbwegs vorbereitet, war klar, dass wir auch das Anne Frank-Haus besuchen wollten. Anne Frank - das jüdische Mädchen aus Frankfurt/Main, das 1934 im Alter von fünf Jahren mit seiner Familie nach Amsterdam auswanderte und ab 1942 über zwei Jahre von Bekannten im Hinterhaus vor den Nazis versteckt wurde, während dieser Zeit des Abtauchens ihr berühmt gewordenes Tagebuch verfasste, entdeckt und 1945 als 16-Jährige im KZ Bergen-Belsen umgebracht wurde. Vielgelesene Schullektüre, so auch bei mir.

Nur... Tickets für die Besichtigung des heutigen Museums in den Originalräumen gibt's ausschließlich online -  was ja kein Problem ist - und erst wieder ab November erhältlich - das ist das Problem. Tja, damit müssen wir halt rechnen, wenn wir relativ ungeplant und spontan mit unserem Womo irgendwo hinfahren und nicht buchen, um maximale Freiheit zu haben. Bisher sind wir trotzdem damit recht gut gefahren, selbst in den Ferienzeiten.

Auch dieses Mal haben wir Glück. Denn es gibt eine Lösung: Wer morgens ab neun Uhr auf der Internetseite des Anne Frank-Hauses versucht, für den selben Tag noch Resttickets zu ergattern, könnte Erfolg haben.

 

Online-Ticket Anne Frank-Haus
Online-Ticket Anne Frank-Haus

Online-Tickets für das Anne Frank-Haus... spontan gar nicht so einfach dranzukommen...

 

Eintrittskarten - egal ob zwei Monate im Voraus für den geplanten Besuchstag gekauft oder über den 20%igen "Restposten" - gibt es nur zeitlich gestaffelt. Eine gerade mal viertelstündige Zeitspanne wird einem für den Eintritt gewährt. Wer da nicht rechtzeitig in der Warteschlange von circa 60 anderen Menschen steht, die auch alle in diesem engen Time-Slot ins Anne Frank-Haus wollen, hat Pech gehabt. Wahrscheinlich wird dieses Procedere wegen der Enge in den Räumen und der Masse an Besuchern so gehandhabt. Die Tickets sind auch alle namentlich ausgestellt.

Herr Fernschreiber ist also am heutigen Morgen aufgefordert, ab Punkt neun Uhr online zu sein. Glücklicherweise ist das Internet auf dem Campingplatz gut und stabil. In einer Online-Warteschlange von ca. 400 (!) Leuten schafft Herr Fernschreiber es gerade noch, nur wenige Minuten nach neun Uhr für den heutigen Time-Slot von 20:00-20:15 Uhr Karten für zusammen 32,50 € für uns alle vier zu kaufen. Bis 22:00 Uhr hat das Museum (bis Ende Oktober) geöffnet. Um Viertel nach neun Uhr gibt es schon keine Karten mehr für den heutigen Tag. Glück gehabt! Ansonsten hätten wir es in den nächsten Tagen wieder auf die gleiche Weise versucht. Aber so hat es ja gleich beim ersten Mal geklappt, wenn auch knapp.

Mit der Metro ins Zentrum von Amsterdam

 

Nach diesem Erfolgserlebnis widmen wir uns nun in Ruhe dem Frühstück und ziehen erst um Viertel vor zwölf Uhr los. Der Tag wird ja noch lang genug in Amsterdam, wenn wir erst abends ins Anne Frank-Haus kommen. Ungefähr eine Stunde soll man dort veranschlagen, so steht es auf der Internetseite.

An der Rezeption des Campingplatzes kaufen wir uns eine 3-Tages-Fahrkarte für den ÖPNV. Dann müssen wir uns bis Sonntag nicht jeden Tag aufs Neue darum kümmern und die 3-Tages-Karte ist im Verhältnis um einiges günstiger als eine Tages- oder 2-Tages-Karte, wie wir dem grünen Info-Zettel entnehmen können, der uns gestern bei der Anmeldung ausgehändigt wurde. Trotzdem zahlen wir für uns alle zusammen 76 €, aber dafür können wir dann auch im Zentrum ungehindert mit allen Bussen und Straßenbahnen kreuz und quer fahren.  

 

 

Alle zehn Minuten fährt die Metro-Linie M53 von Gaasperplas (Ausgangs- und Endstation) zur Centraal Station (ebenfalls Endstation), dem Hauptbahnhof in Amsterdam. Da kann man wirklich nicht meckern! Die Fahrt dauert circa 15 Minuten und wir sind um kurz vor ein Uhr wirklich mitten im Zentrum von Amsterdam, am Hauptbahnhof, der auf drei künstlichen Inseln mit 9000 Baumstämmen errichtet wurde und eine eindrucksvolle, lange Fassade zeigt.

 

Centraal Station, Amsterdamer Hauptbahnhof am Fluss Amstel
Centraal Station, Amsterdamer Hauptbahnhof am Fluss Amstel

 

Nach kurzer Orientierung folgen wir zunächst einfach den Menschenmassen und landen in der Fußgängerzone, vorbei an den ersten Coffee-Shops. Es ist wirklich so, wie uns schon viele Amsterdam-Besucher aus dem Bekanntenkreis erzählt haben: an fast jeder Ecke riecht es nach "Gras" und die Bongs und Cannabis-Produkte werden - natürlich neben Käse und anderen Amsterdam-Devotionalien - unübersehbar in den Regalen der Geschäfte präsentiert.

 

 

Zu den Berühmten und Schönen der Zeitgeschichte: Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett

 

Die Fußgängerzone führt uns mitten auf den Dam, dem zentralen, namensgebenden Platz in Amsterdam mit dem heutigen königlichen Palast an der Seite. Hier prangt uns nicht nur das ehemalige Rathaus - also heute der Palast - entgegen, sondern in großen Lettern an der Südseite des Platzes auch der Schriftzug von Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett. Kurz überlegen wir hineinzugehen und da sich gerade dunkle Wolken über uns zusammenbrauen und es ziemlich nach Regen aussieht, nimmt uns das Wetter die Entscheidung ab. Also ab zu den aus Wachs nachgebildeten Reichen, Schönen, Berühmten dieser Welt, für stolze 81 € Eintritt als Familie sind wir dabei und die Warteschlange vor dem Eingang ist heute auch nicht ganz so lang.

 

 

Ungefähr eine Stunde dauert das "Fotoshooting" der Familie mit den verschiedensten Berühmtheiten dieser Welt. Je nach Alter, Vorlieben, Genre wird ein Foto nach dem anderen geschossen, wir und die bevorzugten Schauspieler, Sänger, Politiker, Sportler, Künstler und andere Persönlichkeiten der Zeitgeschichte Arm in Arm! Da fühlt man sich ja auch gleich berühmt... 😄

Auch Anne Frank ist hier "ausgestellt", allerdings nicht in der Umgebung ihres Hinterhauses, in dem sie so lange verborgen war. Und irgendwie finden wir sie nicht sooo sehr gelungen als Wachsfigur. Auf den Originalfotos sieht sie irgendwie anders aus... ernster...

 

 

Überall gibt es Gelegenheit zu professionellen Fotoshootings, der verkleidete Gang über den Catwalk in der "Modebranche" ist möglich und per Greenscreen wird man gleich in die passende Amsterdamer Umgebung positioniert. Einige dieser "Verrücktheiten" und "Spielereien" nehmen wir auch mit und am Ende zahlen wir nochmal 25 € für Profi-Fotos aus dem Wachsfigurenkabinett, die man dann auch digital per Downloadcode herunterladen kann.

Eine kostenfreie Möglichkeit an manchen "Stationen" ist es, sich per Mail Fotos aus dem Kabinett sofort zuschicken zu lassen.

Und natürlich muss auch das niederländische Königshaus abgelichtet werden und der niederländische Maler schlechthin - neben Rembrandt - Vincent van Gogh.

 

 

Sightseeing kreuz und quer durch Amsterdam

 

Netterweise klart das Wetter wieder auf, als wir das Wachsfigurenkabinett verlassen und so steht einer Sightseeingtour nichts im Wege. Amsterdam ist wirklich schön mit seinen Grachten, Hausbooten und vielen fietsen, den Hollandrädern, die auf den zahlreichen Fahrradstraßen umherflitzen. Sogar noch der ein oder andere Geranienkübel ist auf manchen Brücken über den Grachten zu sehen. Tulpen gibt's um diese Jahreszeit natürlich nur noch in "Holzform"...

 

Gracht mit Hausbooten
Gracht mit Hausbooten

 

Am Amsterdamer Tulpenmuseum kommen wir auch vorbei. Es ist nicht weit entfernt vom Anne Frank-Haus, das wir schonmal "tagsüber" aufsuchen, damit wir es heute Abend im Dunkeln nur ja rechtzeitig finden und zum knappen Zeitfenster des Einlasses vor Ort sind. Ins Tulpenmuseum gehen wir aber nicht. Obwohl die Tulpe natürlich mit Holland untrennbar verbunden ist, ist das nicht so unsers...

 

 

Bevor man das Anne Frank-Haus in der Prinsengracht sieht, fallen einem schon die Menschenmassen und die Warteschlange vor dem Gebäude auf. Wie viele von den Touristen haben wohl tatsächlich das Tagebuch von Anfang bis Ende gelesen?

 

 

Nachdem wir nun wissen, wohin wir am Abend müssen und wie wir dahin kommen, schlendern wir wieder ins unmittelbare Zentrum zurück. Die eine Fernschreiber-Tochter will sich "nur mal ganz kurz" nochmal in der Fußgängerzone zum Shoppen umsehen... Aaaaha!

Hier essen wir auch eine kleine Portion holländischer Fritten, denn es meldet sich der kleine Hunger...

 

Der Bahnhof präsentiert sich jetzt im schönsten Sonnenschein und vom zentralen Platz vor dem Bahnhof aus erkunden wir nun eine andere Ecke Amsterdams, streifen das Rotlichtviertel und finden uns im Kneipenviertel wieder. Eine Einkehrmöglichkeit neben der anderen ist hier zu finden.

 

Stärkung vor dem Abendtermin

 

Gegen halb sechs Uhr beschließen wir, angesichts des Abendtermins jetzt schon mal hier irgendwo im Kneipenviertel etwas zu essen und - nicht zu verachten - in Ruhe sitzen zu können.

Bei Belushis gefällt's uns. Hier bleiben wir eine ganze Weile und lassen es uns gutgehen.

Als wir uns danach wieder "auf die Socken machen", dämmert's schon langsam und der königliche Palast erstrahlt im Scheinwerferlicht.


 

Ganz langsam schlagen wir die Richtung zum Anne Frank-Haus ein und genießen auf dem Weg dahin und während der Wartezeit bis zum Einlass das Panorama des abendlichen Amsterdams.


Anne Frank-Haus mit Museum von der gegenüberliegenden Uferseite aus
Anne Frank-Haus mit Museum von der gegenüberliegenden Uferseite aus

 

Bedrückende Atmospäre im Anne Frank-Haus

 

Gegen halb acht Uhr stellen wir uns schon in die nun noch überschaubare Warteschlange, um den Time-Slot nicht zu verpassen. Vielleicht weil wir so verfroren aussehen - es zieht nämlich mächtig da an der Ecke am Wasser - dürfen wir schon um kurz vor acht Uhr hinein.

 

Innerhalb des Hauses ist das Fotografieren (mal wieder) verboten, um die ausgestellten Werke zu schützen. Doch eigentlich ist nicht mehr viel von den Originalen vorhanden, denn auf Wunsch von Otto Frank - dem Vater von Anne und von den insgesamt acht versteckten Personen einzig Überlebender - blieben die Räume des Hinterhauses bei der Umwandlung in ein Museum unmöbliert. Dennoch bekommt man einen sehr guten Einblick in das abgedunkelte Leben der Untergetauchten, die Enge, die ständige Anspannung und die Angst vor dem Entdecktwerden. Es ist sehr still während des Rundgangs durch die Räume, obwohl sich da ungefähr 60 Menschen gleichzeitig aufhalten. Die bedrückende Atmosphäre der Eingeschlossenen überträgt sich fast automatisch auf jeden einzelnen Besucher. Vor allem ist dies nach dem Durchqueren des Bücherschrankes, der den Zugang zum Hinterhaus versteckte, zu spüren. Der Audioguide gibt während des Rundgangs an verschiedenen "anzufunkenden" Stellen viele Informationen. Nur in den Räumen des Hinterhauses, im eigentlichen Versteck, ist dies nicht möglich, sicherlich, um sich ganz auf die unmittelbare Umgebung konzentrieren zu können.

Während des sich anschließenden Informationsrundgangs im Vorderhaus erhält man noch weitere Einblicke in die NS-Zeit und den Holocaust, doch der Fokus bleibt auf die beiden untergetauchten Familien und ihre Helfer konzentriert. Das ist auch gut so, denn so erhält der Schrecken der Nazi-Zeit ein ganz konkretes Gesicht, wird greifbar und bleibt spürbar in Erinnerung.

 

Topmoderne Metro und Straßenbahn in der Hauptstadt der Niederlande

 

Um Viertel nach neun Uhr sind wir wieder draußen, fahren mit der Straßenbahn erneut zum Hauptbahnhof und sitzen um 21:35 Uhr in der topmodernen und sauberen Metro Richtung Gaasperplas

Da ich erst vor ein paar Tagen beruflich für eine Woche in Berlin weilte, fallen mir die krassen Unterschiede zwischen den alten, oft schmutzigen U- und S-Bahn-Linien und Bahnhöfen der deutschen Hauptstadt im Vergleich zu den modernen Zügen der niederländischen Metro in Amsterdam mit digitalanzeigenden Fahrstrecken und verschiedenfarbigen Leuchtumrandungen an den Türen, die bei jedem Halt rot (nicht aussteigen!) oder grün (hier aussteigen) aufleuchten, deutlich ins Auge.

An den sehr sauberen U-Bahn-Stationen regeln Drehkreuze - ähnlich, wie wir das in London erlebt haben - die Zugänge zu den Gleisen, um Schwarzfahren zu verhindern. 


Auch die Straßenbahnen sind sehr modern. Hier muss man sich zwingend bei jedem Ein- und Ausstieg mit seiner Fahrkarte kontaktlos ein- und wieder ausloggen. Das geht nicht an jeder Tür; manche sind per Schranke nur für den Ausstieg vorgesehen. Das beständige Piepsen (einmal beim Einstieg, zweimal beim Ausstieg) wird von einem Bahnmitarbeiter, der hinter einem großen, halbrunden Tresen im gemütlichen Bürostuhl in der Mitte der Straßenbahn sitzt, überwacht. Völlig ungewohnt für deutsche Straßenbahnfahrer - zumindest für uns "Landeier" - und auch hier im großen Unterschied zu Berlin. Allerdings muss man unserer Hauptstadt auch zugutehalten, dass sie mehr als viermal größer ist als Amsterdam und sich das Verkehrsnetz weitaus komplizierter gestaltet.

 

 

Um 21:57 Uhr kommen wir an der Endstation Gaasperplas an und keine zehn Minuten später sind wir nach einem erlebnisreichen Tag wieder am Womo.

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