Do., 25. Oktober 2018, 6. Reisetag / 247 Tageskilometer / vom Campingplatz "Stonehenge Touring Park" in Orcheston über
Windsor Castle, Berkshire zum Campingplatz "Abbey Wood", London, Koordinaten:
51.4856313,0.1175759
Wie vermutet verbringen wir auch hier wieder eine ruhige Nacht auf dem kleinen Campingplatz in der Nähe von Stonehenge.
Aber am Morgen wecken uns Gewehrsalven oder ähnliches wegen militärischer Übungen in der Nähe. Das hörten und sahen wir auch gestern schon bei unserem Besuch in Stonehenge. Irgendwo hier muss eine Art "Truppenübungsplatz" sein.
Es ist wieder sonnig heute Morgen, aber nur 8° Celsius "warm" um neun Uhr. Wir haben in diesem Herbst sehr viel mehr Glück mit dem Wetter als noch im Frühjahr diesen Jahres. Da hat es fast nur geregnet während der einen Woche in London.
Um zehn Minuten nach elf Uhr sind wir abfahrbereit Richtung Windsor Castle in der Nähe von London. Es geht jetzt also schon wieder gen Osten; Stonehenge war für diese Reisezeit das westlichste Ziel, das wir uns gesetzt haben. Immerhin startet morgen das Konzert in London und wir treffen ja vorher noch auf die befreundete Familie.
Im Laufe des Vormittags klettern die Temperaturen auf 11° Celsius an, aber es bewölkt sich auch hin und wieder. Mal schauen, wie das mit dem Wetter weitergeht.
Nach gut zweieinhalb Stunden Fahrt - nochmal vorbei an Stonehenge, wo wir heute mitten auf den Feldern ringsum Menschen sehen, die in leuchtend orangener Kleidung Ausgrabungen vornehmen; lauter "Riesen-Maulwurfshügel" - kommen wir um kurz vor ein Uhr nach ein paar Umwegen in der Stadt nahe dem Ziel am Parkplatz "Alexandra" in der Nähe des Windsor Castle an. Hier parken auch die Reisebusse von nah und fern. Nur für drei Stunden können wir ein Parkticket ziehen (für 4,20 £), da wir nicht mehr Kleingeld haben. Und für Kreditkarten oder Scheine ist der dusselige Automat an diesem Parkplatz nicht konzipiert. Wie doof! Na, mal sehen, ob wir damit zeitlich hinkommen...
Schloss Windsor - heutiger Wochenendwohnsitz von Queen Elizabeth II.
Ein kleiner Fußmarsch liegt noch vor uns. Das Schloss liegt mitten in der Stadt, Geschäfte, "Fressbuden" und Souvenirläden gruppieren sich im Westen der Anlage unmittelbar drumherum. Der weitläufige Garten hinter dem Ostteil des Schlosses ist für uns Besucher nicht zugänglich. Von da aus hätte man sicherlich einen tollen Blick auf das Anwesen. Da das Schloss umgeben ist von anderen Gebäuden und Straßen, ist eine Gesamtaufnahme von außen somit recht schwer. Einen umfänglicheren Eindruck bekommt man eigentlich erst, wenn man innerhalb der Schlossanlage ist. Es sei denn, man kommt von Süden her über den ungefähr viereinhalb Kilometer langen beeindruckenden Long Walk marschiert. Von da aus hat man wirklich einen wunderbaren Panoramablick auf das Schloss.
Für 54,70 £ Eintritt als Familie inklusive Audio Guide und nach intensiver Taschen- und Körperkontrolle dürfen auch wir "schnöde Allerweltsmenschen", als Deutsche noch dazu ohne Monarchie, in die royale Welt der Könige eintauchen.
Schloss Windsor ist das älteste und größte bewohnte Schloss der Welt. Gegründet von Wilhelm dem Eroberer (der mit der Schlacht bei Hastings...) im 11. Jahrhundert, ist es seitdem die Heimat von 39 Monarchen. Heute verbringt Königin Elizabeth II. die meisten ihrer privaten Wochenenden hier im Schloss.
Das Anwesen ist das ganze Jahr über für Besucher geöffnet, allerdings mit einigen Einschränkungen, meist aus baulichen Gründen. So ist zum Beispiel das Queen Mary's Dolls' House im Schloss ab Freitag, dem 6. Juli 2018 aufgrund von Renovierungsarbeiten bis auf Weiteres für Besucher geschlossen. Schade, das Puppenhaus ist wirklich etwas ganz Besonderes und so etwas gibt's nicht alle Tage zu sehen.
Bei unserem Rundgang innen wie außen werden wir tatsächlich feststellen, dass überall renoviert, gebaut, gepflegt wird. Ein ganzes Heer von Bauarbeitern und anderem Personal kann man bei der Instandhaltung der Anlage beobachten und häufig sind innen wie außen Gerüste aufgebaut.
Zuerst orientieren wir uns ein wenig in Richtung des oberen Teils der Schlossanlage, gehen aber noch nicht direkt zum oberen Hof, dem Viereck (Quadrangle) der inneren Schlossanlage, sondern werfen erstmal nur einen Blick durch das Tor hinein. Direkt auf den oberen Hof dürfen wir Besucher zu normalen Zeiten eh nicht. Ein Traktor mäht dort gewissenhaft den im wahrsten Sinne des Wortes englischen Rasen, der in Streifen angelegt wurde.
Der Rundturm ist leider nur von August bis September für Touren geöffnet. Wenn dort die königliche Wappenstandarte weht, hält sich Queen Elizabeth II. auf Schloss Windsor auf. Ist sie in London im Buckingham Palace, weht hier nur der Union Jack, so wie heute.
Das Wetter ist uns glücklicherweise wieder wohlgesonnen und wir können mal wieder im fast durchgängigen Sonnenschein das Anwesen bewundern.
Danach folgen wir dem Gang über den Mittelhof weiter nach unten Richtung Lower Ward, dem unteren Hofteil, und möchten dort die St. Georg's Chapel besuchen.
Hier heirateten im Mai diesen Jahres Prinz Harry und Meghan Markle. Das ist wirklich eine wahrhaft prunkvolle und majestätische, große Kapelle, eine der schönsten Kirchen, die wir je gesehen haben. Hier befinden sich auch viele Grabstätten vergangener Monarchen, zum Beispiel die von Queen Mum oder der Schwester der aktuellen Monarchin Elizabeth II., Margareth.
Ein echtes Highlight ist die Kapelle also beim Besuch von Windsor Castle. Die Wappen der Ritter vom Hosenbandorden hängen hier überall, nur das Fotografieren der Innenansichten ist leider streng verboten, wie überall in den Gebäuden von Windsor Castle. Schade, die hohen gotischen Feinrippbögen des Gewölbes wären allemal ein Foto wert gewesen.
Nach dem Besuch der St. Georg's Kapelle wenden wir uns nun dem Inneren des Schlosses zu, dem Besuch der State Apartments, der royalen Prunkräume und Staatsgemächer. Auch hier ist selbstredend das Fotografieren in den Innenräumen streng untersagt.
Wir durchlaufen ohne Führung, aber natürlich mit unseren Audio Guides, einen Teil der verschiedenen Räume der Könige und Herrscher, die hier zu verschiedenen Zeiten residierten. Alles ist unglaublich prunkvoll und luxuriös mit Gemälden, Wand- und Deckenmalereien, Kronlüstern, wertvollen Möbeln, Truhen und dergleichen mehr ausgestattet. Vom Schlafzimmer über Ankleidezimmer, Speisesaal, verschiedene Audienzsäle und Gardesaal mit kunstvoll arrangierten Schwertern, Gewehren und Pistolen an den hallenartig hohen Wänden erhalten wir einen Einblick in das Leben und Wirken der royalen Gesellschaft.
Und trotzdem: Hier wohnen wollen? Nein, das ist irgendwie - trotz Reichtum, Protz und Prunk - zu groß, zu ungemütlich, zu weitläufig, zu unpersönlich und einfach "unpraktisch". Aber das ist die Sicht- und Denkweise des "Fußvolkes", nicht der Royalen mit -zig Bediensteten...
Auch hier begegnen uns immer wieder Handwerker und Gerüstbauten im Inneren, um ständige Erhaltung und Renovierung der Bausubstanz bemüht.
"Changing the Guard" im Mini-Format?
Als wir wieder ans Tageslicht treten, werden wir zufällig Zeuge einer königlichen Wachablösung "im Kleinen" an einem der Wachhäuschen mit vier Soldaten. Und man kann ihnen tatsächlich kaum ein Lächeln oder ähnliches unter ihrer riesigen Bärenfellmütze abringen, die das Gesicht sowieso halb verdeckt. Militärisch korrekt stehen sie da mit ihren respektablen Maschinengewehren, salutieren gegenseitig voreinander und bewegen sich immer schön im zackigen Stechschritt mit ihren klobigen, lackglänzenden Schuhen, die sich kaum abrollen lassen und irgendwie ein bisschen wie Clownschuhe aussehen.
Nur beim Aufschließen des Zauntores sind einigermaßen "normale", fließende Bewegungen erkennbar. Die Wachen überbringen auch irgendetwas Geschriebenes an diejenigen beiden, die am Wachhäuschen stehen. So amüsant oder "übertrieben" das Geschehen für uns Außenstehende auch sein mag, es sind echte Soldaten, die sich zuvor durchaus auch in Kriegssituationen befunden haben können. Es ist nach wie vor eine ernste Angelegenheit, die exakt durchgeplant ist.
Wir werfen noch einen Blick von der Nord-Terrasse aus, wo die Guard-Zeremonie stattgefunden hat, auf den nördlichen Stadtteil von Windsor, der zu Füßen des Schlosses liegt und wo sich die Themse zwischen den Häusern hindurchschlängelt. Im Hintergrund ist die eindrucksvolle Kapelle des Eton College zu sehen, mit umgerechnet über 41 000 € jährlichem Schulgeld eines der teuersten englischen Internate für Jungen, das beispielsweise auch Prinz William und Prinz Harry besuchten und das viele berühmte Menschen und englische Premierminister hervorbrachte.
So langsam schlendern wir von der Nord-Terrasse aus zurück zum Ausgang des gesamten Anwesens am unteren Hof, dem Lower Ward, und kommen dabei noch einmal an der St. Georg's Kapelle vorbei. Unser Parkticket läuft um genau 15:52 Uhr ab, das müssen wir immer im Blick haben. Wer weiß, was an einem solch royalen Ort die englischen "Knöllchen" kosten!
Draußen angekommen, bietet sich noch rückblickend das ein oder andere schöne Motiv vom Schloss, zum Teil stilecht mit britischen Fähnchen, die quer über die Gasse mit den vielen Pubs und Souvenirläden gespannt sind.
In den Gässchen und Straßen rund um das Schloss tobt der Kommerz, sieht aber andererseits auch ganz nett aus.
Von außen erscheint das königliche Anwesen teilweise gar nicht als Schloss, sondern es sieht eher aus wie eine (ziemlich trutzige und wehrhafte) Burg. So ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges 1939 das Schloss wieder seine Rolle als königliche Festung einnahm, und das Königspaar sowie seine Kinder Prinzessin Elizabeth und Prinzessin Margareth aus Sicherheitsgründen auf dem Schloss lebten. Der König und die Königin fuhren täglich nach London und kehrten am Abend nach Windsor zurück. Das wurde allerdings zu jener Zeit nicht an die "große Glocke" gehängt, öffentlich hieß es, der König bleibe die ganze Zeit über im Buckingham Palace. Nach dem Ende des Krieges 1945 verließ die Familie Schloss Windsor wieder und zog zurück in den Buckingham Palast.
Weiterfahrt zum Campingplatz "Abbey Wood" im Südosten von London
Bevor wir um viertel vor vier Uhr (sieben Minuten vor Ablauf des Parktickets!) wieder abfahren, holen wir uns draußen noch einen kleinen Snack to go für unterwegs. Zum Womo gehen wir zwar über den pompös klingenden Queen's Walkway, doch ist dieser kurze Weg zum Parkplatz nicht zu vergleichen mit dem oben schon erwähnten Long Walk, der am oberen Hof an der Südflügelseite beginnt und sich über mehrere Kilometer schnurgerade gen Süden ausbreitet. Von hier hätte man einen tollen Blick auf den äußeren Südflügel des Schlosses gehabt, doch da hätten wir noch ein wenig mehr Zeit gebraucht... (wie fast immer im Urlaub...).
So verlassen wir nun diesen majestätischen Ort und begeben uns in unser kleines, aber dafür gemütliches Wohnmobil zurück...
Windsor Castle liegt ungefähr eine Stunde Fahrtzeit westlich von London; gut 41 Kilometer sind es von dort bis zum Trafalgar Square. Doch dahin wollen wir natürlich nicht mit unserem Womo. In der City von London herrscht die Low Emission Zone, eine Maut, die für Womos wie dem unseren recht teuer ist und kompliziert zu bezahlen. Wir dürften zwar in die Zone einfahren (Nummernschilder werden automatisch erfasst), aber man muss täglich viel Geld dafür bezahlen (und noch mehr Strafe, wenn man versäumt zu zahlen oder es gar nicht mitbekommt, dass man in die Zone eingefahren ist). Abgesehen davon zieht uns nichts in den linksfahrenden Verkehr der britischen Hauptstadt und unser anvisierter Campingplatz Abbey Wood, den wir schon aus zwei vorangegangenen Urlauben kennen, liegt im Südosten von London. Also genau auf "der anderen Seite" der Stadt...
So müssen wir im weitem Bogen südlich um London herum auf der Autobahn M 25 fahren, die wahrscheinlich extra für die Vermeidung der Mautgebühren gebaut wurde. Bloß ja nicht nach links abfahren in die City! Hinweisschilder an Autobahnabfahrten weisen auch mehrmals auf die Zone hin.
Nach über 100 (!) Kilometern und gut zweieinhalb Stunden Fahrzeit mit sehr viel Stau rund um den Flughafen Heathrow und eigentlich überall im dichten Feierabendverkehr sind wir um kurz vor halb sieben Uhr schon längst im Dunkeln endlich in Abbey Wood.
Auch hier haben wir nicht vorher reserviert, da wir die Erfahrung gemacht haben, dass der Platz nicht ausgebucht ist, obwohl die Internetseite dies häufig ausweist. Wieso das so ist, wissen wir nicht. Selbst wenn wirklich alles besetzt gewesen wäre, hätten wir uns eben für zwei Nächte auf den Übernachungsplatz vor die Schranke gestellt. Wir kennen ja die Gegebenheiten vor Ort.
Auch heute erzählt uns der nette Mann an der Rezeption, dass wir Glück hätten, wir bekämen den letzten freien Platz (Platz Nr. 180) direkt am Waschhaus. 52,80 £ zahlen wir für uns vier für zwei
Nächte alles inklusive. Dieses Mal können wir uns also keine Parzelle aussuchen wie die beiden anderen Male. Und dennoch: Als wir über den Platz fahren, sehen wir erneut viele freie Parzellen...
komische Geschäftpolitik... aber solange wir immer noch ein Plätzchen bekommen, ist uns das egal.
Um 18:40 Uhr haben wir uns endgültig eingerichtet und es ist Schluss für heute mit der Fahrerei. Jetzt heißt es nur noch: Abendessen zubereiten (eigentlich fehlt hier auf dem Platz so ein kleiner
Pub oder ein Imbiss oder so etwas in der Art, wo man schnell mal etwas Warmes zu beißen bekommt, ohne dass man gleich in den Ort laufen muss), Duschen und - wie immer in diesem Urlaub - mehrere
Folgen Downton Abbey auf DVD genießen, das ist zwar nicht royal, aber typisch englisch und zumindest gräflich...